ADAC-Zentrale München

Ort: München
Architekt: Sauerbruch Hutton
Homepage: https://www.sauerbruchhutton.de/de/project/ada


Inhaltsverzeichnis


Beschreibung

Mit der ADAC Zentrale in München hat das Berliner Architekturbüro Sauerbruch Hutton ein Bauwerk geschaffen, das weit mehr ist als eine Verwaltung: Es ist ein Wahrzeichen, ein städtebaulicher Kristallisationspunkt und ein Symbol für die Verbindung von Funktionalität, Nachhaltigkeit und künstlerischem Ausdruck.

Entstanden zwischen 2006 und 2011 und offiziell im März 2012 eröffnet, ist das Gebäude nach einem begrenzten, hochkarätig besetzten Architekturwettbewerb entstanden, aus dem Sauerbruch Hutton 2004 als Sieger hervorgingen. Der Bau – errichtet für rund 320 Millionen Euro – steht an der Hansastraße 23–25 im Stadtbezirk Sendling-Westpark und beherbergt rund 2.400 Mitarbeitende.

Städtebauliche Einbindung und Lage

Das Grundstück ist durch eine komplexe städtebauliche Situation geprägt: Ein denkmalgeschütztes Haus aus dem Jahr 1909 (die sogenannte Sander-Villa) musste erhalten und eingebunden werden, die Rückseite des Grundstücks wird durch die Bahnstrecke München–Lenggries begrenzt, und der vordere Teil öffnet sich zum Großstadtdomizil Sendling und den Verkehrsadern des Mittleren Rings. Die Nähe zur U- und S-Bahn-Station Heimeranplatz sorgt für eine optimale Verkehrsanbindung, was für einen Automobilclub wie den ADAC durchaus als symbolische Geste zu verstehen ist.

Architektur und Gestaltung

Das Ensemble besteht aus zwei dominanten Baugliedern: einem fünfgeschossigen, geschwungenen Sockelbau und einem 18-geschossigen Büroturm, der bis zu 93 Meter aufragt. In der Grundrissform erinnert der Sockelbau an eine Amöbe, dynamisch, abgerundet und mit einer großen, glasüberdachten Halle in der Mitte. Diese Halle ist das zentrale Entree – ein weithin sichtbares, öffentlich zugängliches Foyer mit Empfang, Treppenanlagen und durchdachter, repräsentativer Gestaltung. Sie organisiert die Wegeführung des gesamten Gebäudes: Von hier aus gelangt man zu den Büros, Besprechungsräumen, zum Tagungszentrum, zur Druckerei, zum Casino, zur Gastronomie und zum Ausstellungsbereich – funktional, übersichtlich und barrierefrei erschlossen.

Der Büroturm ist ein dreieckiger Körper mit abgerundeten Kanten, dessen Hülle aus rund 1.150 farbig changierenden Glaselementen in 22 verschiedenen Tönen besteht – ein Farbenspiel, das sich am Gelb des ADAC-Logos orientiert. Diese „Wetterhaut“ macht das Gebäude besonders im Sonnenlicht zum Blickfang, der weithin im Münchner Westen wahrnehmbar ist. Der Spitzname „Stern von Sendling“ weist auf diese visuelle Wirkung hin. Über den Hauseingängen – die Eingänge sind zur Stadt, zum Park und zur Villa ausgerichtet – spannt sich das weitgehend verglaste Erdgeschoss, das dem Ensemble eine luftig-geführte Präsenz verleiht. Im Inneren wiederholt sich das Thema des Offenen: Die Haupterschließungszone für die Büros bildet eine ringförmige „Straße“ im ersten Obergeschoss, während das Erdgeschoss öffentlichen Nutzungen wie Tagung, Gastronomie und Ausstellung vorbehalten bleibt.

Energiekonzept und Nachhaltigkeit

Das Bauwerk versteht sich als „Green Building avant la lettre“: Ein umfangreiches Energiekonzept reicht von der geothermischen Nutzung zur Bauteilaktivierung über eine gezielt gesteuerte natürliche Lüftung bis zu Glas-Folie-Laminaten, die mittels Photovoltaik Strom für die Beleuchtung der Büros gewinnen. Die Fassade ist so konzipiert, dass sie die Büros ganzjährig natürlich lüftet und damit einen erheblichen Anteil des Kühlungsbedarfs deckt – ein Ansatz, der den Energiebedarf signifikant senkt. Die außenliegenden Raffstores in 22 Sonderfarben sorgen zudem für optimalen Sonnen- und Blendschutz und unterstützen das Farbkonzept der Fassade nach innen und außen.

Städtebauliche und ökologische Antworten

Das Bauwerk steht in einem Dialog mit dem städtischen Raum: Der Sockel nimmt Maßstab und Struktur der Nachbarschaft auf, bildet Raumkanten, schafft Vorplätze und leitet durch seine dynamische Form die Wegeführungen – ein urbaner Platz entsteht. Gleichzeitig wird das denkmalgeschützte Sander-Haus räumlich integriert und als Clubhaus genutzt. Die Gestaltung der Freiflächen verbindet Repräsentation und Erholung: Landschaftlich gestaltete Außenbereiche bilden einen Kontrapunkt zur urbanen Dichte.

Funktionsvielfalt und Nutzung

Neben rund 2.000 Büroarbeitsplätzen bietet der Komplex des ADAC ein Tagungszentrum, eine Druckerei, ein Betriebsrestaurant, ein Casino, ein Fernsehstudio und zahlreiche Besprechungsräume in unterschiedlichen Größen. Die interne Erschließung über die „straße“ im ersten Obergeschoss bedeutet, dass das Erdgeschoss den Besuchern, Kunden und Mitarbeitenden frei zugänglich bleibt und nicht – wie in manch anderem Verwaltungsturm – abgeschottet wirkt.

Architektonische Wertung

Das ADAC-Hochhaus ist ein Statement für eine zeitgemäße, ökologisch verantwortliche und menschenbezogene Büroarchitektur. Die dynamische Form, die expressive Farbigkeit, die Offenheit des Foyers und die nachhaltigen Konzepte prägen das Gebäude als „Gebäude des 21. Jahrhunderts“. In der Münchner Silhouette markiert der Bau einen neuen Pol – gleichzeitig ein identitätsstiftendes Symbol für den ADAC und eine architektonische Bereicherung für die Stadt. Die Auszeichnung mit dem Best Tall Building Europe 2013 Award of Excellence unterstreicht dies eindrucksvoll.

Architektur als Markenzeichen

Das Hochhaus ist nicht einfach nur ein Bürogebäude, sondern ein Markenzeichen für den ADAC, der seine bundesweite Bedeutung auch architektonisch unterstreicht: Das schwarze Kürzel des Unternehmens auf gelbem Grund wird am Kopf des Turms Stadtbild prägend inszeniert, das Gebäude selbst leuchtet in den Tönen des Vereins – und stellt damit einen entscheidenden Unterschied zu den eher nüchternen Verwaltungsbauten vieler anderer Organisationen dar. Farbigkeit ist hier keine Modeerscheinung, sondern Markenpolitik und Ausdruck einer offenen, gesellschaftlich engagierten Haltung.

Zusammenfassung

Die ADAC-Zentrale München ist ein gelungenes Beispiel für eine durchdachte, öffentlichkeitswirksame Büroarchitektur. Sie verbindet die Bedürfnisse eines großen Automobilclubs mit den Anforderungen einer Großstadt, setzt Maßstäbe in puncto Nachhaltigkeit, Identifikation und Mitarbeiterorientierung und schafft zugleich einen neuen städtebaulichen Akzent.


Galerie

14.02.2018


error: Content is protected !!
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner